Die Klötzchenskulptur auswerten

Bereits 1972 erschien von H.-E. Richter das Buch „Patient Familie“. Seither ist konzeptionell viel erforscht und entwickelt worden. Im nächsten Artikel werde ich etwas ausführlicher unseren Ansatz, mit Paaren und Familien zu arbeiten, beschreiben. Hier zunächst der Hinweis, daß der Kern unserer Familienberatung nicht zum primären Ziel, das einzelne Familienmitglied zu verstehen, sondern die familiären Beziehungsmuster. Wenn Du also ein oder zwei Familienmitglieder verstanden hast, hast noch nicht das System verstanden. Daher richtet sich bei den zahllosen Varianten der Klötchenskulpturen, die Familien uns zeigen, auch nicht der Blick auf die einzelnen Klötzchen = Personen, sondern auch die Ähnlichkeit und Unterschiedlichkeit der Beziehungsskulpturen. Einerseits gibt es hierbei kein Richtig oder Falsch, andererseits gibt es Erfahrungen dazu, was in Familien an Beziehungsmustern funktional sein könnte und was dysfunktionial. Aber das muß von Fall zu Fall gut überprüft werden. Hier im zweiten von drei Erstgesprächen dienen die Klötzchenskulpturen der Erforschung der derzeitigen Beziehungsmuster, damit die Berater gemeinsam mit der Familie erste Hypothesen bilden können. 3 Beispiele, die zu Hypothesen anregen:

Diese Klötzchenskulptur zeigt uns ein Familienmitglied, das keine bzw. kaum familiäre Grenzen untereinander wahrnimmt:

  • Grenzen innerhalb der Subsysteme und zu den anderen Subsystemen;
  • „ausschließlich“ Bezogenheit
  • bei Abwesenheit von Autonomie und Individuation
  • keine Nähe-Distanzregulation: Während bei den nächsten Skulpturen unten kleine Nähe-Distanz-Änderungen nur graduell von Bedeutung wären, hätten wir bei dieser Skulptur bei jeder Distanzänderung einen qualitativen „Sprung“ zu erwarten – kleine Bewegung mit grundsätzlicher Veränderung.
  • Auch scheint austauschbar zu sein, wer wer ist.

 


Haben wir es hier mit dem Gegenstück zu tun:

Alle Klötzchen stehen ungefähr gleich weit voneinander entfernt.

Der Betrachter könnte sich fragen: Was haben die Vier miteinander zu tun?

Möchten sie oder möchten Sie nicht?

Immerhin sind sie noch in „Sichtweite“: da dem Skulpturstellenden der gesamte Raum im Zimmer zur Verfügung steht, hat er sie nicht 2-3 m weiter weggestellt (hätte ja bestanden die Möglichkeit), sondern in erreichbare Nähe.

Auch hier scheint austauschbar zu sein, wer wer ist.

 


Hier nun stehen 3 Familienmitglieder nahe beieinander und einer steht „abseits“.

Bei den Dreien gäbe es keinen Eindruck der Austauschbarkeit mehr, wie zuvor.

Die Beziehung der Drei untereinander wirkt differenziert.

Die Beziehung der Drei zum Vierten wirkt exklusiv.

Welche Unterschiede mag es geben?

 

 


Nach den Unterschieden der Versionen kommen wir nun zu den Unterschieden zwischen mehreren Klötzchenskulpturen in einer Familie:

Hier zeigen 3 Familienmitglieder ihre eigenen Klötzchenskulpturen: drei Konstruktionen von Wirklichkeiten ein und derselben Familie.

                  • eine Reihe
                  • ein Kreis
                  • ein offener Halbkreis

Das liefert Gesprächsstoff, Nachfragen, Erklärungen, die Suche nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Und während die Familienmitglieder das untereinander besprechen, können wir beobachten

  • Was sagen sie? Oberflächenschicht (hypno, Erickson), Inhalt (digital) (Kommunikationsaxiom, Watzlawick), Information (Systemtheorie, Luhmann)
  • Wie sagen sie es? Tiefenschicht, Beziehungsebene (analog), Mitteilung
  • Wird das gehört? Rapport, Interpunktion, Verstehen
  • Wie kooperieren sie miteinander? Feedbackschleifen, Ursache und Wirkung, Re-entry

Damit mache ich im nächsten Beitrag weiter.