Ich wiederhole zur gestrigen 1. Einheit: Das Blog-Seminar fokussiert auf ausgewählte Arbeitskontexte. Wir benötigen in der Beziehung zu bestimmten Klienten, die über keinen ausreichenden Inneren Beobachter verfügen, eine spezifische professionelle Kommunikation. Für deren Entwicklung ziehen wir ausgewählte Theoriebildungen zu Rate. Damit beginnen wir jetzt: (siehe auch Handout 1. VIPs 1 und 2)

Der Klassiker ist die Theorie nach Paul Watzlawick und anderen. Eine ausführliche Beschreibung findest Du seinem Buch Menschliche Kommunikation und in einer übersichtlichen Kurzfassung der sogenannte Kommunikations-Axiome auf der Website www.paulwatzlawick.de/axiome, so daß wir uns an dieser Stelle gleich der praktischen Anwendung zuwenden, die einige Aspekte seiner Thoerie für unsere Arbeit mit Menschen zur Folge hat.

Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt

Man könnte auch sagen, Sozialarbeit ist Beziehung, Beziehung, Beziehung. Die Herstellung und Aufrechterhaltung der Beziehung zum Klienten sollte an erster Stelle stehen. (In einer späteren Einheit kommen wir noch auf den Aspekte des Rapports zu sprechen. Wikipedia) Die tragfähige Beziehung zum Klienten ist die Folie, die Grundlage auf der die inhaltliche, thematische, sachliche Kommunikation erfolgen kann.

Merke: Wenn ich in der Kommunikation mit dem Klienten ein Zögern, eine Irritation, etwas Aversives bemerke, halte ich umgehend mit dem Sprechen (des Inhaltes) inne und wechsle auf die Beziehungsebene: Alles in Ordnung? Oh? (Zu den lautmalenden Interventionen [Interjektionen] kommen wir noch!) Irritiert? Ist was?

Das führt uns zum nächsten Schritt …

Kommunikation ist immer Ursache und Wirkung

… der Zirkularität von Kommunikation. Die Beziehung nimmt Einfluß auf den Transport von Inhalten. Die Inhalte nehmen Einfluß auf die Beziehung. Und so fort … Paul W. nennt das die Interpunktion der Kommunikation. Ich sage etwas, Du sagst etwas, ich sage etwas, Du … und so fort.

Im Alltag, ob privat oder beruflich wird dieser Abfolge = Interpunktion kaum Beachtung geschenkt. Ein Wort gibt das andere, wie man so sagt. Dabei wird oft kein Bezug auf den Beitrag des anderen genommen. Oft ist man so einer Art Flow der eigenen Kommunikation, daß man die des anderen aus dem Blick = Gehör verliert. Prüfe Dich selbst! Das ist aber auch kein Wunder, sind wir doch alle in einem Sprechberuf. Haben wir nicht alle ein temperamentvolles (geschwätziges) Sprachzentrum?!

Nehmen wir nun die Theorie der Interpunktion ernst, d. h. professionell bedeutsam, dann sollten wir uns um die kleinschrittigen Abfolgen von Gesprächen kümmern. Ich nenne das Prozeßverlangsamung.

Merke: Ich beachte bewußt JEDE Gesprächsequenz. 1. Interpunktion :: Ein Klient spricht zu mir. -> Bevor ich antworte, erfasse ich, was mag er nur gemeint haben. Bin ich nicht sicher, werde ich á la kontrolliertem Dialog paraphrasieren und um Rückmeldung bitten, ob ich verstanden habe. Habe ich verstand erfogt die 2. Interpunktion :: Ich erwidere, antworte. -> Falls nötig, wenn ich nicht sicher bin, ob der Klient verstanden hat, bitte ich ihn um eine Paraphrase (Wiederholung). Nun erfolgt die 3. Interpunktion :: Der Klient geht auf das ein, was er und ich zuvor gesagt haben …

Auf diesen Interpunktionsaspekt des gegeneseitigen Verstehens kommen wir bei der Luhmannschen Systemtheorie zurück. Dort ist das weiter entwickelt worden.


Morgen geht es in der 3. Einheit weiter mit den Axiomen „Menschliche Kommunikation bedient sich analoger und digitaler Modalitäten“ und „Kommunikation ist symmetrisch oder komplementär“.