6.2.3 Wenn Max zum ersten Mal kifft

Als Coach ist uns die Kraft der suggestiven Sprache bewußt. Erneut sind wir auch in diesem Aspekt ein Modell für den sorgsamen Umgang mit Sprache. Das wollen wir den Eltern auch vermitteln.

Als Beispiel können wir Eltern im Coaching oder auch im Rahmen von Suchtprävention auf eine suggestive Falle aufmerksam machen:

Wenn Max das erste Mal betrunken oder bekifft nach Hause kommt, ist jeder Kommentar  kontraproduktiv. Die Lerntheorie lehrt uns, daß jede unmittelbare Zuwendung („Oh, Max, hast Du was genommen?!“) das Risiko eines Verstärkers in sich birgt, d. h. in diesem Fall könnte jede Bemerkung, jedes Naserümpfen wie die Verstärkung eines nicht erwünschten Verhaltens wirken. Die gleiche Lerntheorie sagt uns, daß unerwünschtes Verhalten, wenn überhaupt nur durch Ignorieren ausgesetzt bzw. gelöscht werden kann. (Es gibt eine Ausnahme mit der Form der Musterunterbrechung – siehe dort.) Eltern sollten sich beim Erstkonsum und jedem weiteren Konsum völlig neutral verhalten und diesen ignorieren. (siehe das weitere Vorgehen bei Lerntheorie.)

Die Eltern können sich am nächsten Tag bei Max freundlich und interessiert erkundigen, was er genommen hatte. Eltern mit eigener Probierkonsumerfahrung habe es hier leichter, mit Max darüber ins Gespräch zu kommen. Eltern ohne solch eigene Erfahrung könne wiederum diese Unerfahrenheit nutzen, um sich zu erkundigen und beim eigenen Max schlau zu machen.

Bevor die Eltern Max nicht gefragt haben, können sie seine eigene Einstellung nach einem Probierkonsum nicht wirklich wissen. Also erst einmal nichts Übles unterstellen, sondern offen nachfragen.

Auch lohnt sich meist ein Gespräch über die anderen Jugendlichen mit denen Max Kontakt hat oder gemeinsam konsumiert. So kann die Frage an Max „Gibt es jemand unter den anderen Jugendlichen über den man sich wegen des Probierkonsums Sorgen machen müßte?“ implizit signalisieren: „Um Dich mache mir keine Sorgen, höchstens um andere.“ und „Was Ihr da macht ist Probierkonsum und nichts anderes!“

Bedeutung im Elterncoaching

Im Coaching werden wir nachfragen, ob und welche Suggestionen die Eltern ihrem Max „verpaßt“ haben, die ihn in die Beweisnot gebracht haben könnten, den Eltern beweisen zu müssen, daß er die Autonomie für gesunden Konsum und damit „alles unter Kontrolle“ hat.

Sollte dem so sein, kann begleitend die Entwicklung gegenläufiger Suggestionen ein bedeutsamer Ansatz sein, wie z. B. „Max, wir haben über Dich nachgedacht. Wir sehen, daß wir Dich am Konsum nicht hindern können. Wir gehen nun davon aus, daß Du alt genug bist, Dich verantwortungsvoll um Deine Gesundheit zu kümmern. Du wirst sicher in den nächsten Wochen herausfinden, wie Du gesund damit umgehen möchtest.“ Dieser Ansatz signalisiert das Zutrauen, daß die Eltern Max für gesund, also nicht gefährdet halten.

Und indem die Eltern sagen „Du wirst herausfinden wie Du … möchtest“ gestehen sie ihm einen eigenen Suchprozeß zu und würdigen damit seinen Autonomiewunsch.