Der Begriff vom „Zirkulären Fragen“ wurde ursprünglich vom Mailänderteam um Mara Selvini-Palazzoli geprägt.
Siehe: Die Geburtsstunde zirkulären Fragens in www.friedhelm-krull-praxis.de/publikationen/zirkulaeres_fragen.pdf, Seite 28-29, zitiert aus B. Trenkle, Das HaHandbuch der Psychotherapie, 2000, S.190 ff.

Zirkuläres Fragen nutzt Fragen mit denen ein Familienmitglied angeregt wird, sich in andere Familienmitglieder hineinzuversetzen – mit deren Denken, Fühlen und Handeln, also mentalisierend.

Zirkuläres Fragen ermöglicht, starre* Kommunikations- und Interaktionsmuster, die innerhalb einer Familie zu Problemen führen, durch eine gezielte Einnahme von unterschiedlichen  Positionen und durch Perspektivenwechsel zu verflüssigen. Dadurch werden neue Denkprozesse eingeleitet, Sichtweisen erweitert und Veränderungen möglich gemacht.


*_Als sich meine Frau und ich in der Familientherapieausbildung in Wengen befanden, betreute meine Schwiegermutter unsere beiden Söhne im Grundschulalter bei sich zu Hause. Wir kamen nach 5 Tagen zurück und brachten unsere Jungs wieder zurück zu uns nach Hause. Wir saßen beim Abendessen und erzählten uns, was wir die Woche über so erlebt hatten. Wir hatten u. a. das zirkuläre Fragen gelernt. So fragte meine Frau mehr beiläufig den älteren David: Sag mal wie war es wohl für Jonas bei der Oma? David stutzte, überlegte und sagte: Warum fragst Du ihn nicht selbst, er sitzt doch da?!

Seither weiß ich, daß ich zirkuläre Fragen nicht in jeder Familie stellen kann!


Merke: Das Verhalten von Menschen wird nicht von dem bestimmt, was andere Leute tatsächlich denken, sondern von dem, was sie denken, was die anderen denken. (1)

Es wird nicht direkt gefragt, sondern es wird die Außenperspektive erfragt, die wiederum neue Sichtweisen in einen Beziehungskontext einführt.

Ziele des zirkulären Fragens:

  1. Sammeln von neuen Informationen.
  2. Sichtbarmachen von Kommunikations- Verhaltens- und Beziehungsmustern
  3. Perturbation* von festgefahrenen Kommunikations-, Verhaltens- und Beziehungsmustern
  4. Erkennen von Veränderungsmöglichkeiten und neuen Handlungsoptionen.

*_Zustandsveränderungen in der Struktur eines Systems, die von den Zuständen in dessen Umwelt ausgelöst werden. Ein von Maturana in den Konstruktivismus eingeführter Begriff, der heute meist eher alltagssprachlich im Sinne von Verstörung benutzt wird.

Verdeutlichung von zirkulären Fragen:

Monadische Fragen:

Wie fühlst Du dich?
Was könntest du machen, damit deine Schwester ab und zu mit dir spielt?

Dyadische Fragen:

Was denken sie, wie es Ihrem Mann geht?
Was denkst du, wie Deine Schwester sich in dieser Situation fühlt?

Triadische Fragen (zirkulär):

Was denkt dein Vater, weshalb deine Schwester nicht essen möchte?
Was denkt deine Mutter, weshalb du mit deinem Vater immer Stress hast?


(1) Schlippe/Schweitzer, Lehrbuch der systemischen Therapie und beratung. 1998. S. 141

Lit.: Fritz B. Simon, Christel Rech-Simon: Zirkuläres Fragen. Systemische Therapie in Fallbeispielen: Ein Lernbuch. 6. Auflage. Carl-Auer-Systeme-Verlag, Heidelberg 2004

Online: PDF: http://methodenpool.uni-koeln.de/download/zirkulaeres-fragen.pdf