10.1.2 unsichere Paarbeziehung versus unterstützende Elternachse

Wir verfolgen im Elterncoaching das gemeinsame Ziel der Konsumfreiheit eines Jugendlichen. Mit „Wir“ meine ich sowohl den Coach als auch die Eltern.

  • Für die Zeitkomponente werden wir Geduld benötigen.
  • Unsere kognitive Fokussierung werden wir immer wieder Zuversicht garnieren müssen.
  • Wegen unsere begrenzten Energiehaushaltes werden wir nicht gleichzeitig mehrere „Baustellen“ bearbeiten, sondern uns beschränken und uns auf das Ziel der Konsumfreiheit konzentrieren. .

Bevor wir uns mit Eltern nach diesem Konzept auf den Weg machen, sollten wir sicherstellen, daß diese Eltern auch über ausreichend Energie, Geduld und Zeit verfügen und den Kopf frei haben. Wenn gleichzeitig z. B. Problemlagen in der Paarbeziehung bestehen, muß geklärt werden, ob deren Klärung warten kann, bis das Ziel der Konsumfreiheit erreicht ist.

Mit Paarbeziehung ist hier zunächst nicht die Elternpaarbeziehung gemeint, sondern die Paarbeziehung auf der Ebene der Partnerschaft. Optimal wird es sein, wenn sich beide Eltern in der Partnerschaft gut fühlen und keine existentiellen Konflikte und Probleme bestehen. Trotz Problemlagen in der Partnerschaft muß in der Phase des Elterncoachings in den Elternrollen und -funktionen Kooperation möglich sein.

Bei Problemlagen in der Partnerschaft kann manchmal eine begleitende und unterstützende Paarberatung oder Paartherapie nützlich sein. Diese sollte aber personell vom Coaching getrennt durchgeführt werden, d. h. ich habe solche Eltern an Paartherapeuten oder Ehe- und Lebensberatungsstellen vermittelt.

In anderen Fällen kann es wiederum möglich sein, daß während des Coachingsprozesses Probleme in der Partnerschaft sichtbar werden. Dann kann man sich dem als Coach zuwenden, jedoch immer mit dem Fokus auf die Wiederherstellung und dem Erhalt Kooperation als Elternpaar. Sobald Partnerschaftsprobleme die Kooperation nachhaltig beeinträchtigen, muß jeweils neu entschieden werden, ob oder wie sich die Kooperation wieder herstellen läßt, u. U. ebenfalls durch Verweis an eine zusätzliche Paarberatung bei einer anderen Stelle.

Nur bei elterlicher Kooperation wird das Elterncoaching gelingen!

Wir haben es aber nicht nur mit Elternpaaren und vollständigen Familien zu tun, sondern häufig auch mit Alleinerziehenden und getrennt lebenden Eltern, die ihre Kinder nicht nur besuchsweise sehen, sondern möglicherweise gemeinsam auch im Alltag versorgen.

Auch in diesen Fällen sind wir auf die Kooperation beider Elternteile angewiesen, können aber unterschiedliche Kooperationsmodelle anbieten und nutzen.

Eltern leben getrennt, versorgen aber beide die Kinder im Alltag

Getrennt lebende Eltern, die ihre Kinder gemeinsam im Alltag versorgen, weil sie z. B. im gleichen Stadtteil leben, müssen auch gemeinsam am Elterncoaching teilnehmen. Die Erfahrung hat vielfach gezeigt, daß die Mitarbeit nur eines Elternteile dann nicht gelingt, wenn dieser dem Abwesenden das Erarbeitete nur mitteilt und dieser sich entsprechend verhalten oder positionieren soll. Das mag mal gelingen, wenn ein Elternteil an einem Gespräch wegen Krankheit oder beruflicher Verpflichtung nicht teilenehmen kann.

Für den gesamten Coachingprozeß benötigen wir jedoch beide Eltern und müssen mit ihnen gemeinsam nicht nur die Prozeßschritte erarbeiten, sondern sie auch in ihrem Elternverhalten und ihrer ganz eigenen Präsenz unterstützen, coachen und oft auch anleiten und trainieren.

Alleinerziehende Eltern

Sollte bei Alleinerziehenden der andere Elternteil in keiner Weise präsent sein, weil kein Kontakt besteht oder aufgrund räumlicher Entfernung nur seltene Besuchskontakte möglich sind, können bzw. müssen wir wohl oder übel im Coaching auf diesen Elternteil verzichten.

Wenn jedoch bei Alleinerziehenden der andere Elternteil z. B. in Form von Besuchskontakten präsent ist, sich aber aus welchen Gründen auch immer am Elterncoaching nicht beteiligen will oder kann, müssen wir für ein Setting sorgen, in dem wir mit dem alleinerziehenden Elternteil trotzdem wirksam werden können. Dies erreichen wir, indem der Alleinerziehende den nichtbeteiligen Elternteil bittet oder auffordert, sich aus dem Problemfokus „Konsum“ völlig herauszuhalten.

Würde der nichtbeteiligte Elternteil andere oder gar gegenläufige Interventionen platzieren, führte dies unweigerlich zu einer Triangulierung (1) des Jugendlichen. Dann würden unsere Strategien, mit denen wir uns für die Konsumfreiheit einsetzen, ausgehebelt und damit wirkungslos werden.

Wir brauchen also nichtbeteiligte Elternteile, die ihre Unterstützung durch wohlwollende Zurückhaltung zeigen und sich auf einen Nichteinmischungspakt einlassen.

Wenn erreicht wird, daß der nicht beteiligte Elternteil sich in der Problembezogenheit völlig zurückzieht und nicht mehr interveniert, kann auch ein alleinerziehender Elternteil das Ziel der Konsumfreiheit sehr wirkungsvoll verfolgen.

Manchmal muß Unterstützung durch Freunde im Alltag organisiert werden, damit sich der aktive Elternteil nicht so alleine fühlt – da haben es Eltern, die gemeinsam leben, zumeist leichter, sich in Durststrecken oder nicht so einfachen Situationen sofort miteinander unterstützen zu können.


(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Triade_(Familientherapie)#Dysfunktionale_Triade_(Triangulierung)