7.2 monosemantische vs. polysemantische Beschreibung

„Sucht“ als Begriff wird in der Regel als monosematische Beschreibung betrachtet, da es eine klar definierte Bedeutung hat, die allgemein akzeptiert wird. Der Begriff „Sucht“ bezieht sich auf eine körperliche oder psychische Abhängigkeit von einer Substanz, einem Verhalten oder einer Aktivität, die trotz negativer Folgeerscheinungen (Probleme 2. Ordnung) fortgesetzt wird.

Es gibt verschiedene Arten von Sucht, wie z.B. Alkohol-, Drogen-, Nikotin-, Glücksspiel-, Internet-, oder Sexsucht, die alle auf eine ähnliche Art von Abhängigkeit und Verhaltensmuster zurückzuführen sind. Die Bedeutung des Begriffs „Sucht“ hat sich im Laufe der Zeit nicht wesentlich geändert und wird in der Regel als eindeutig und präzise betrachtet.

In einer monosemantischen Beschreibung bezieht sich der Begriff auf einen spezifischen Zustand oder ein spezifisches Merkmal. So bezieht sich „suchtkrank“ auf eine Person, die an einer bestimmten Suchterkrankung leidet, während „Suchtpräsenz“ auf die Anwesenheit von Suchtverhalten oder Suchtmitteln im Leben einer Person verweist.

„Suchtpräsenz“ ist eine polysemantische Beschreibung, da sie je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Im Allgemeinen kann „Suchtpräsenz“ verwendet werden, um das Vorhandensein einer Sucht oder Abhängigkeit zu beschreiben. Es kann sich auch auf das Ausmaß oder die Intensität eines Konsums oder Verhaltens beziehen.

In einem anderen Kontext kann „Suchtpräsenz“ jedoch auch auf die Sichtbarkeit oder Wahrnehmbarkeit von Sucht, Abhängigkeit, Konsum

  • in einer Person (innerpsychische Präsenz und Präsenz durch das Verhalten)
  • in einem sozialen System, wie Familie oder Gruppe hinweisen.

Zusammenfassend ist „Suchtpräsenz“ ein Begriff, der in verschiedenen Kontexten und Bedeutungen verwendet werden kann, um das Vorhandensein oder die Auswirkungen von Sucht oder Abhängigkeit zu beschreiben.

Merke: Eine Person innerhalb eines professionellen Kontext als suchtkrank, süchtig oder abhängig zu bezeichnen, bedarf einer diagnostischen Kompetenz. Diese obliegt in unserem Sozial- und medizinischen System einer kleinen Berufsgruppe: Facharzt für Suchtmedizin, Psychologen und andere Hochschulabsolventen mit dem Zusatztitel Suchttherapeut, sowie Sucht- und Drogenberatungsstellen, die mit der Antragstellung von medizinischen Rehabilitationen Sucht beauftragt sind.
Anderen Hlfeagenturen (Jugendamt, Jobcenter, freie Jugendhilfe etc.) steht die Diagnosestellung oder Zuschreibung nicht zu.

Letztere würden in Hilfekontexten nach eigener Einschätzung gerne mitteilen, es handle sich bei dem vermittelten Klienten um einen Suchtkranken. Das wäre im Kompetenz- und Zuständigkeitsbezug nicht korrekt.

Die polysemantische Beschreibung „ein Klient mit Suchtpräsenz“ befreit uns etwas aus diesem Dilemma, weil zumindest die Zuschreibung krank umgangen wird.