8.4 Subsysteme

In der Analyse von Familiensystemen unterscheiden wir folgende familiäre Subsysteme:

Elternsubsystem – Bezugspunkt zu den Kindern
Paarsubsystem – Bezug zueinander
Kindersubsystem – Bezug zu den Eltern
Geschwistersubsystem – Bezug zueinander
weibl., männl., divers. Gendersubsystem
Generationensubsysteme

Als Dyaden bezeichnen wir Zweierbeziehungen:

Enge bzw. nahe Zweierbeziehungen können eine Allianz bilden, d. h. zwei sind sich nah, weil sie sich mögen, gleiches Alter oder Vorlieben haben.
Enge Zweierbeziehungen können auch Koalitionen bilden, d. h. zwei sind sich nah, weil sie sich gegen einen Dritten wenden.

Als Triaden bezeichnen wir Dreierbeziehungen:

In Familiensystemen bezieht sich Triangulation auf eine Dynamik, bei der ein Familienmitglied ein Konflikt oder eine emotionale Belastung mit einem anderen Familienmitglied nicht direkt angeht, sondern stattdessen eine dritte Person (z.B. ein anderes Familienmitglied, ein Freund oder ein Therapeut) einschaltet, um als Vermittler oder Schiedsrichter zu dienen. Das Ziel der Triangulation ist oft, die Spannungen und Konflikte zwischen den beteiligten Familienmitgliedern zu reduzieren, indem ein Dritter als Puffer oder Mediator fungiert.
Triangulation kann auf verschiedene Arten auftreten. Ein Beispiel ist, wenn ein Kind versucht, zwischen seinen Eltern zu vermitteln, die in einen Konflikt geraten sind. Ein anderes Beispiel ist, wenn ein Elternteil das Kind als Verbündeten gegen den anderen Elternteil einsetzt, um seine oder ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse durchzusetzen.
Triangulation kann jedoch auch negative Auswirkungen auf das Familiensystem haben. Es kann dazu führen, dass sich die Konflikte oder Spannungen zwischen den beteiligten Familienmitgliedern verstärken, da die eigentlichen Probleme nicht direkt angegangen werden und stattdessen eine dritte Person als Ablenkung dient. Triangulation kann auch die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern beeinträchtigen, indem sie das Vertrauen und die Offenheit untergräbt, die für eine gesunde und funktionale Familie notwendig sind. In der Familientherapie wird die Triangulation oft als wichtiger Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Familienproblemen betrachtet und kann durch gezielte Interventionen und Strategien bearbeitet werden.

Perverses Dreieck: Form einer Dreierbeziehung bei der ein Generationengrenzen überschreitendes Bündnis zwischen einem Elternteil und einem Kind gegen einen anderen Elternteil eingegangen wird. (Simon. S. 257) Z. B. wird eine „Niederlage“ durch ein Geheimbündnis mit einem Dritten (dem Kind) kompensiert, und dadurch wird innerhalb der Zweierbeziehung (Paarbeziehung) das Gleichgewicht wiederhergestellt.

Eine dritte Person oder auch ein Objekt (beziehungsgestaltende Funktion von Alkohol) kann auch zum Sündenbock gemacht werden, der „das gemeinsame Problem“ liefert. Minuchin spricht von starren Triaden.

In Systemen gibt es Grenzen und Räume. Jedes System hat Grenzen nach innen und nach außen (Unterscheidungsmerkmale zwischen System und Umwelt): Systeme können angemessen durchlässig oder zu offen oder zu geschlossen sein. Grenzen zwischen Generationen können durchlässig sein oder nicht. Eltern können Kinder lassen oder nicht. Geschwister können einander lassen oder nicht. Regeln bestimmen Zugehörigkeiten. Mehr in Simon. S. 130-134

Familien bestehen nicht nur aus Gender- und Generationensubsystemen, sondern sich auch aus verschiedenen anderen Konstellationen von Familienmitgliedern bilden. Ein Subsystem in der Familie kann sich auch auf eine Gruppe von Familienmitgliedern beziehen, die sich aufgrund ihrer Rollen, Funktionen oder Beziehungen voneinander unterscheiden und innerhalb des Familiensystems eine eigene Dynamik und Interaktion aufweisen.

Typische Beispiele für Subsysteme in der Familie sind das elterliche Paar, die Geschwister oder auch Großeltern und Enkelkinder. Jedes Subsystem kann eigene Rollen und Funktionen innerhalb der Familie haben und kann unterschiedliche Herausforderungen und Konflikte erfahren. Zum Beispiel kann es in einer Familie mit zwei Kindern ein Subsystem zwischen den Geschwistern geben, das von Rivalität, Eifersucht oder Konkurrenz geprägt ist, während das Subsystem zwischen den Eltern von Rollenkonflikten oder Kommunikationsschwierigkeiten betroffen sein kann.

Die Art und Qualität der Interaktionen zwischen den Subsystemen und die Kommunikation zwischen ihnen beeinflussen die Funktionsweise und das Wohlbefinden des gesamten Familiensystems. In der Familientherapie wird oft versucht, die Dynamiken und Interaktionen zwischen den Subsystemen zu verstehen und zu verbessern, um das Familienleben zu harmonisieren und das Wohlbefinden aller Familienmitglieder zu fördern.

Im Elterncoaching hingegen fokussieren wir wieder auf Teilaspekte des Subsystemkonzeptes, u. a.:

  • Gibt es Generationen überschreitende Koalitionen und wie lassen sich diese möglichst schnell ruhen? Die Anlässe oder Mechanismen müssen nicht aufgearbeitet werden, sie sollen nur ruhen bis Max konsumfrei ist.
  • Wie gut ist das Paarsystem (die Eltern als Ehepaar) entwickelt? Haben sie konflikthafte Baustellen und können die ruhen bis Max konsumfrei ist? Gegebenenfalls kann parallel eine Paartherapie indiziert sein.
  • Wie gut ist die Elternachse entwickelt? Was müssen wir da unterstützen, damit die Eltern reibungslos kooperieren und mit „einer Stimme sprechen“ können.
  • Gab es Zeiten eines entwickelten Kindersubsystems an dem Max ein Teil war? Sich für Max‘ Konsumfreiheit einzusetzen ist der Job der Eltern. Das soll und darf nicht den Geschwister aufgebürdet werden. Und doch ist es eine beruhigende Ressource, um ein ehemals gut entwickeltes Geschwistersubsystem zu wissen, um später einmal wieder daran anknüpfen zu können.
  • Gibt es noch aktuelle Konflikte unter den Geschwistern? Dann sollten sich die Eltern komplett raushalten, um mögliche Koalitionen bzw. Triangulierungen zu vermeiden.

Fritz B. Simon/Ulrich Clement/Herlm Stierlin. Die Sprache der Familientherapie. Ein Vokabular. Kritischer Überblick und Integration systemtherapeutischer Begriffe, Konzepte und Methoden. Stuttgart 2004