7.6 Sonderfall Online-Präsenz

Vom Hirnforscher Manfred Spitzer (1) habe ich mir die Faustregel zu eigen gemacht:

Die Offline-Zeit in der Freizeit soll länger sein als die Online-Zeit.

Unter Freizeit fällt die Zeit, die von Pflichten (Schule, Hausaufgaben etc.) und Verpflichtungen (Sportverein, Musikband etc.) befreit ist.

Online-Präsenz bis hin zu Online-Abhängigkeit, auch als Internetabhängigkeit oder Internet Gaming Disorder bezeichnet, bezieht sich auf das übermäßige Verlangen nach Online-Aktivitäten wie Social Media, (Online-) Gaming oder Surfen im Internet, die zu signifikanten Einschränkungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionen führen können.

Jugendliche sind besonders anfällig für Online-Präsenz, da sie oft ein hohes Maß an Technologieaffinität haben und in einer zunehmend digitalen Welt aufwachsen. Einige Studien haben gezeigt, dass bis zu 10% der jugendlichen Online-Abhängigkeit erleben können. (2)

Aspekte von Online-Präsenz können sein:

  • Bewältigungsmechanismus für Stress, Angst oder Depressionen
  • Rückzug und Reizschutz vor nervenden Eltern
  • Vernachlässigung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben wie Hausaufgaben oder Schule
  • Veränderungen im Schlafmuster und Essverhalten
  • Unfähigkeit, die Verwendung von Online-Aktivitäten zu kontrollieren oder einzuschränken
  • körperliche Symptome wie Augenbelastung, Nacken- und Rückenschmerzen und Kopfschmerzen

Wir können die Online-Präsenz im familiären Kontext als eine Art Minus-Symptomatik verstehen, zieht sich solch ein Max doch weitgehend aus dem Familienleben und der Beziehung zu den Eltern zurück.

Auch wenn es mit diesen Jugendlichen oftmals wenig konfrontative Provokationen gibt, ist es doch auch in diesen Fällen wichtig, daß die Eltern zunächst über die Sendepause eine Sprechhemmung entwickeln und wir während der Ruhephase überlegen, wie die Eltern ihre Forderung nach einem gesunden Online- und Mediengebrauch vertreten können.


(1) Manfred Spitzer ist ein deutscher Psychiater, Neurowissenschaftler und Hochschullehrer, der sich intensiv mit den Auswirkungen von digitaler Technologie auf das menschliche Gehirn und die Gesellschaft befasst. Ich empfehle manchen Eltern das folgende Buch

Manfred Spitzer. Die digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen. München 2014

(2) Die DAK-Studie „Jugend und Medien 2020“ untersuchte das Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen in Deutschland. Die Studie ergab, dass etwa 8% der befragten Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren eine riskante oder pathologische Internetnutzung aufweisen.

Eine Studie der Universität Bonn aus dem Jahr 2017 untersuchte die Häufigkeit und Risikofaktoren von Internet Gaming Disorder bei Jugendlichen. Die Studie ergab, dass etwa 7% der befragten Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren eine Internet Gaming Disorder aufwiesen.

Eine Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2019 untersuchte die Prävalenz von Internetabhängigkeit bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren. Die Studie ergab, dass etwa 9% der befragten Jugendlichen eine Internetabhängigkeit aufwiesen.