3.6 Rollenspiele: Neuronale Programme entwickeln

Nach den Sendepause folgt im Elterncoaching die 4-6 monatige Ruhephase in der ich mit den Eltern die neue Elternpräsenz gegen die bisherige Suchtpräsenz individuell entwickle, einübe und trainiere:

Wir besprechen in einer beliebigen Sitzung, welche Situationen es in der letzten Woche gegeben hat oder/und welche es in der kommende Woche gegeben könnte. Dazu entwickeln wir zunächst Vorstellungen, die mti dem neuen Elternpräsenzverhalten kompatibel sein sollten. Die Eltern sind die Experten für ihre häusliche Situation und den bisherigen Beziehungsmustern zu Max, d. h. wie verhält man sich zirkulär zueinander und wie stellt man es an, daß es zu Respektlosigkeiten und Eskalationen kommt und wieder kommen würde. Das zu wiederholen, kann man sich also sparen.

Weiterhin ist bedeutsam, mit welchem Verhalten zu Max haben die Eltern bisher gute Erfahrungen gemacht. Das ließe sich ausbauen.

Wenn sich die Eltern für die kommende Woche auf bestimmte Situationen vorbereiten möchten, können wir also zunächst Elternverhalten auswählen, von dem wir annehmen (Hypothesenbildung) können, daß es zielführend (Max nicht antriggern, sondern Autonomie gewähren und Raum geben) sein dürfte.

Ein Beispiel: Die Schulferien sind zu Ende. In 5 Tagen beginnt wieder die Schule. Es ist zu erwarten, daß Max vorher ankommt und den Vater bittet, ihn morgens mit in die Schule zu nehmen. Max‘ Fahrrad hat einen Platten und er hat es in den Ferien versäumt, zu reparieren. Ich frage den Vater, was er Max antworten könnte. In der Regel kommt von Eltern dann ein Satzungetüm mit vielen Nebensätzen.

Nun die Technik zum Fokussieren auf der Oberflächenschicht der Kommunikation:

Herr M., überlegen Sie, was ist die Botschaft an Max. Formulieren Sie das in einem Satz. Nun basteln der Vater und ich an einem Satz, während Mutter aufmerksam zuhört und mithilft, eine passende Formulierung zu finden. Wenn nun der Vater für einen ganz betimmten Satz X eine ganz bestimmte Formulierung gefunden hat, bitte ich ihn, diesen Satz wortgetreu dreimal langsam zu wiederholen, damit sich die Wortwahl einprägt (ein neuronales kognitives Programm wird geschrieben).

Nun die Beobachtung der Tiefenschicht der Kommunikation:

Herr M., bitte sagen nun gleich diesen Satz erneut und beobachten Sie dabei, wie sich dieser Satz aus Ihrem Mund anhört. Frau M. bitte hören Sie auch genau zu. Der Vater spricht, hört sich selbst und schüttelt mit dem Kopf. „Nein, so geht das nicht. Das hört sich genervt und vorwurfsvoll an.“ Seine Frau stimmt ihm zu – ich auch. Nun „basteln“ wir am Tonfall bis der Vater einen gefunden hat, auf den Max mit großer Sicherheit nicht aversiv reagieren wird.

Es folgt die Körpersprache:

Ich bitte den Vater aufzustehen und

  • diesen Satz wortgetreu mit passendem Tonfall im Stehen zu sagen,
  • sich dabei Max so vorzustellen, wie er vor ihm stehen würde
  • und selbst auf seinen eigenen Körper zu achten.

Wir gehen nun die Körperhaltungen durch. Der Vater soll sich sicher und gut fühlen. Seine Frau soll wieder beobachten, wie nun die Körperhaltung wirkt.

Wenn wir dann mit der Wortwahl, dem Tonfall und der Körpersprache zufrieden sind, erfolgt die neuronale Programmierung und Konsolidierung:

Ich bitte den Vater, diesen Satz, wiederum im Stehen, 10 mal zu sagen mit jeweils 15 Sekunden Abstand, den ich stoppe und signalisiere. Seine Frau soll uns beobachten, wahlweise kann auch sie das Timen übernehmen.

Die Hausaufgabe sorgt für die endgültige Programmierung und Speicherung im Langzeitgedächtnis:

Der Vater soll zu Hause vor einem Spiegel einmal morgens und einmal abends je 10mal mit dem 15 Sek. Abstand diesen Satz sagen und sich genau beobachten.

Fazit:

Dieses Verfahren ist ein bedeutsamer (neuropsychotherapeutischer) Bestandteil des Elterncoachings und wird in jeder Sitzung verwendet, wenn es um neues Elternverhalten geht.