6.3 Mentalisierungsbasiertes Arbeiten, Doppeln und das Hilfs-Ich
Die drei Konzepte mentalisierungsbasiertes Arbeiten, Doppeln und die Verwendung des Hilfs-Ich sind eng miteinander verbunden und werden häufig in der Beratungs- und therapeutischen Praxis eingesetzt.
Das Doppeln (1) ist eine Technik der Gesprächsführung, bei der der Berater/Therapeut das Gesagte des Patienten paraphrasiert und spiegelt, um sicherzustellen, dass er es richtig verstanden hat. Diese Technik kann dazu beitragen, dass der Patient sich besser verstanden und gehört fühlt, was wiederum seine Mentalisierung fördern kann.
Mentalisierungsbasierte Arbeiten (2) bezieht sich auf Ansätze, die darauf abzielen, die Fähigkeit des Klienten zur Mentalisierung zu verbessern. Hierbei geht es darum, die Gedanken und Gefühle des Klienten sowie die Gedanken und Gefühle anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen. Durch die Verbesserung der Mentalisierungsfähigkeit kann der Klient besser mit emotionalen Schwierigkeiten umgehen und seine Beziehungen zu anderen verbessern.
Bei der Methode „Hilfs-Ich“ wird der Berater nicht nur als neutraler Beobachter und Zuhörer wahrgenommen, sondern er nimmt eine aktive Rolle im Beratungsprozess ein.
Der Berater agiert dabei als „Hilfs-Ich“ des Klienten und unterstützt ihn in schwierigen Situationen, indem er ihm hilft, die Perspektive zu wechseln und neue Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln.
„Ein Hilfs-Ich funktioniert ähnlich wie ein gedanklicher und gefühlsmäßiger „Vorkoster“: Gedanken und Emotionen in Bezug auf eine bestimmte Situation werden „vorgekostet“. Der Vorkoster (also der Therapeut) bildet sich eine Meinung über Geschmack, Genießbarkeit oder auch Ungenießbarkeit der Situationsbedingungen und teilt das Ergebnis mit einer Empfehlung dem Patienten mit. Auf diese Weise stellt der Therapeut dem Patienten seine eigenen regulierenden Signale zur Verfügung: „Da würde ich jetzt hellwach werden und erleben: Hallo, aufgepasst!“ Der Patient kann jetzt versuchen, sich mit dem Therapeuten zu identifizieren und so auf Dauer die Fähigkeit zu erlernen, ähnliche Situationen selbst einzuschätzen und darauf angemessen zu reagieren. “ (3)
Zusammengefasst können Doppeln, mentalisierungsbasierte Arbeiten und die „Hilfs-Ich“-Technik dazu beitragen, die Fähigkeit des Klienten zur Selbstreflexion und zum Verständnis anderer zu verbessern.
Im Elterncoaching verwenden wir die drei Konzepte wiederum auch in der Modellfunktion für die Eltern und um diese zu professionalisieren:
- Der Coach mentalisiert sich selbst (u.a. Gegenübertragung zu erkennen) und die Eltern und lernt darüber wahrzunehmen, zu verstehen, nachzufühlen.
Weiterführendes Ziel ist es, daß die Eltern diese Fähigkeiten in Bezug auf sich selbst und in der Beziehung zu Max lernen und entwickeln. „Sich selbst und von außen (Elternverhalten) und den anderen (Max) von außen kennenzulernen.“ - Mittels Doppeln überprüft der Coach, ob er jeweils die Eltern zutreffend mentalisiert hat.
Weiterführendes Ziel ist es, daß die Eltern diese Fertigkeit des Doppelns in der Beziehung zu Max anwenden lernen. Sie überprüfen ihre eigenen Mentalisierungen und Max wird sich in diesem Bemühen besser verstanden fühlen. - Der Coach nimmt zu den Eltern die Rolle des Hilfs-Ichs ein, wenn sich Eltern selbst nicht mentalisieren können, z. B. kognitiv, wenn sich Gedanken gerade mal nicht klar fassen oder ordnen lassen; wenn ein Affekt diffus vorhanden, aber nicht präzisisiert werden kann, stellt der Coach probeweise einen Affekt zur Verfügung; wenn nicht antizipiert werden kann, welches Elternverhalten welche Auswirkungen haben könnte.
In diesem Teil geht es für lange Zeit mehr um das Lernen der Eltern und zunächst weniger, das schon in Bezug auf Max zu verwenden. Das behalten wir uns gegen Ende der Ruhephase vor.
(1) https://systemische-fortbildung.de/doppeln
(2) https://mentalisierung.net/mentalisierung
___Bateman, Fonagy. Handbuch Mentalisieren. Gießen 2015
___Allen / Fonagy. Mentalisierungsgestützte Therapie. Stuttgart 2009