Reframen, d. h. eine Sache, ein Ereignis, ein Verhalten in einem anderen Licht zu betrachten, ist eine altbewährte Methode. Hinweise finden sich in anderen Religionen und Kulturen (z.B. im Buddhismus) und im Märchen.

Die Geschichte vom „Hans im Glück“ der Gebrüder Grimm ist ein anschauliches Beispiel. So erlebt Hans den Klumpen Gold, den er für seine Arbeit vom Meister erhält, sehr bald als Last, die er schleppen muß. Er tauscht ihn gegen ein Pferd, das ihn statt dessen trägt. Als das Pferd ihn abwirft, tauscht er es gegen eine Kuh, die ihm Milch gibt, usw. … bis er schließlich einen Mühlstein besitzt. Als dieser ihm in den Brunnen fällt, erlebt er es als große Befreiung und dankt Gott auf den Knien.

„Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort.“

Hans hat sich konsequent reframed, indem er die Bedeutungen von Ereignissen, die ihm widerfuhren, in einen anderen Kontext gestellt hat. Er nahm diese Ereignisse nicht im Kontext von Besitz und Verlust wahr, sondern im Kontext von Freiheit. In diesem Rahmen brachte ihm jedes Ereignis (Tausch) seinem Glück, frei zu sein von Belastungen, immer näher.

Er hätte auch die Wahl gehabt, über den stetig geringer werdenden Besitz zu trauern bis hin zu tiefen Depressionen, als er nichts mehr von seinem Lohn für sieben Jahre Arbeit besaß.

An diesem Beispiel wird klar, daß es in den meisten Situationen um die Bedeutung gibt, die wir bestimmten Ereignissen geben.

Paul Watzlawick, Menschliche Kommunikation, 1977: „Wir haben es nie mit der Wirklichkeit schlechthin zu tun, sondern immer nur mit Bildern der Wirklichkeit, also mit Deutungen. Die Zahl der jeweils möglichen Deutungen ist groß, subjektiv aber durch das Weltbild der Betreffenden meist auf eine einzige scheinbar mögliche, vernünftige und erlaubte begrenzt. Aufgrund dieser einen Deutung gibt es meist auch nur eine scheinbar mögliche, vernünftige oder erlaubte Lösung. Hier setzt nun die Umdeutung an und ist dann erfolgreich, wenn es ihr gelingt, einem bestimmten Sachinhalt, einen neuen, ebenso zutreffenden oder sogar noch überzeugenderen Sinn zu verleihen….“

Es geht darum den Klientinnen zu einer Erweiterung ihrer Deutungsmöglichkeiten zu verhelfen und so bestimmtes Verhalten in einem anderen, in der Regel positiveren Licht zu sehen.

Menschen, die in eine Beratung kommen, haben in der Regel ein klares Bild darüber, was das Problem ist, wer es hat und wie es gelöst werden kann. Diese Festlegung verhindert die Lösung des Problems. Die Veränderung der Bedeutung ermöglicht eine andere Wahrnehmung und eröffnet andere Verhaltens- und Lösungsmöglichkeiten.

Insoo Kim Berg, Lösungen Schritt für Schritt, 1995,  faßt das in wenigen Sätzen zusammen: „Umdeuten besteht in einer einfachen, alternativen und gewöhnlich positiven Interpretation lästigen Verhaltens. Auf diese Weise bekommt die Interaktion der Klientln mit den Menschen in ihrer Umgebung positive Bedeutung, was sie davon befreit, ihr Verhalten zu ändern. Neue und andere Verhaltensweisen kommen so ins Blickfeld und es wird möglich, Veränderungen zu wagen und das „Gesicht zu wahren“. Die Folge davon ist, daß die Klientln ihre Situation anders wahrnimmt und sogar Lösungen findet, die sie nicht für möglich gehalten hätte.“